Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise
War die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die Griechenlandkrise neutral und ausgewogen? In welchem Verhältnis stehen positive und negative Wertungen über die beteiligten Akteure? Das OBS-Arbeitsheft 87 analysiert die Berichterstattung von „Tagesschau“ und „Heute“ und den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zur griechischen Staatsschuldenkrise im gesamten Jahr 2015. Dabei werden erhebliche Probleme in der Qualität der TV-Berichterstattung identifiziert: Während die Berichterstattung der Nachrichtensendungen die Relevanz des Themas angemessen widerspiegelte und hier auch das Kriterium der Vielfalt erfüllt wurde, zeigten sich Mängel bei den Kriterien der Neutralität, der Ausgewogenheit und der analytischen Qualität. Im Kontext der wichtigen Bedeutung die einem funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die gelebte Vielfalt einer engagierten Zivilgesellschaft und für die Stabilität eines demokratischen Gemeinwesens zukommt, Stichwort Vertrauen, sollten die benannten Missstände dringlich wahrgenommen und künftig vermieden werden.
Und hier ein Artikel zu der Studie bei Telepolis:
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49386/1.html
PDF der Studie hier: https://www.otto-brenner-shop.de/uploads/tx_mplightshop/AH87_Griechenland_web.pdf
Im März 2016 hatte die Hans-Böckler-Stiftung bereits ihre Studie zur Berichterstattung in den Zeitungen veröffentlicht. Deutsche Medien haben über die griechische Schuldenkrise dieser Studie zufolge oft unausgewogen und oberflächlich berichtet. Die Berichterstattung sei mehrheitlich meinungsorientiert und wertend gewesen, hieß es in der am Mittwochabend in Berlin vorgestellten Untersuchung im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. So seien etwa Mitglieder der griechischen Regierung überwiegend negativ dargestellt worden.
Für die Studie untersuchten Wissenschaftler der Universität Würzburg die Griechenland-Berichterstattung im ersten Halbjahr 2015 am Beispiel der Tageszeitungen „Die Welt“, „Bild“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“ und „taz“ sowie der Onlineplattform „Spiegel Online“.
Bericht im Tagesspiegel vom 24.03.2016 hier: http://www.tagesspiegel.de/medien/studie-der-hans-boeckler-stiftung-deutsche-medien-berichten-unausgewogen-ueber-griechenland/13364784.html
http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_45_2016
Zusätzlich hat sich die Ständige Publikumskonferenz, ein Verein aus Leipzig, der sich die demokratische ‚Rückeroberung‘ des die eigenen rechtlichen Vorgaben der Rundfunkverträge zunehmend reichlich stiefmütterlich behandelnden öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Ziel gesetzt hat, eine Untersuchung des ARD/ZDF-„Story Tellíng“ zu Griechenland gründlich vor die Brust genommen und dabei auch die Journalistenausbildung der ARD/ZDF-Fernsehakademie beleuchtet. Als Eindruck kann hier geschaut werden:
https://publikumskonferenz.de/blog/2016/08/07/1523/
Ob die Einsicht in eine asymmetrische Berichterstattung auch auf die Politik der Bundesregierung wirken wird, bleibt abzuwarten. Skepsis ist geboten. Aber dass die wachsende Medienkritik auf die ÖR-Redaktionen einwirken könnte, ihren Job wieder solide zu machen und Multiperpektive zu ermöglichen, wäre ja schon ein richtiger Schritt in Richtung der Demokratisierung Deutschlands und der EU.